Mit dem Fahrrad unterwegs

Wer Lust hat, kann hier meine Touren nachlesen, die ich mit dem Fahrrad unternommen habe. Radfahren bedeutet für mich Spaß und keineswegs Schinderei. Deshalb beträgt meine Durchschnittsgeschwindigkeit nie mehr als 14 km/h. Wer also sogenannte Trails mit anspruchsvollen Steigungen und Hindernissen erwartet, der ist hier falsch. Hier ist hauptsächlich "Gegend" zu sehen, mit Texten versehen. Neben meinen Radtouren schreibe ich hier zusätzlich noch ein paar Dinge auf, die ich interessant finde, die mich bewegt haben oder die ganz einfach zu meinem Umfeld gehören. Viel Spaß beim lesen.
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Freitag, 23. März 2018

Kein Entkommen aus dem Beckhausener Kessel

Zugegeben, der Titel klingt etwas reißerisch und einen Beckhausener Kessel gibt es auch nicht. Aber so ungefähr trifft es zu, wenn man das Gejammer und Geschimpfe der Autofahrer in den sozialen Netzwerken liest. Angeblich soll man nicht rein- und nicht rauskommen. Seit Mittwoch ist die Horster Straße am Bahnübergang Buer-Süd voll gesperrt, die Baustelle auf der Horster Straße zwischen Emil-Zimmermann-Allee und dem REWE entzückt die Autofahrer auch nicht gerade und die Uferstraße ist auch noch bis nächstes Jahr gesperrt. Es existiert also keine vernünftige Ost-West-Anbindung in Gelsenkirchen, wenn man mal von der Florastraße im Süden absieht. Als Geheimtipp galt da die Ekhofstraße und die Flurstraße. Entsprechend hoch war dort auch das Verkehrsaufkommen, obwohl es eigentlich nicht als Durchgangsstraße gedacht war.
Und nun ist die Flurstraße und die Ekhofstraße wegen Straßenbauarbeiten ebenfalls dicht. Die Wut der Autofahrer richtet sich hierbei an die Kommunalpolitiker, die als Dummköpfe und schlimmeres bezeichnet werden.

Heute bin ich die Strecke mit dem Fahrrad mal abgefahren. Ich habe ja sonst nichts zu tun. Schon von weitem waren auf dem Kärntener Ring die Warnbaken und Schilder zu sehen, die auf die Baustelle am Bahnhof Buer-Süd aufmerksam machten.



Man sah in der Ferne auch, wie ein Pkw drehte, der vorher noch an mir vorbeigefahren ist. Manche Leute sind eben so. Da kann ein überdimensionales riesengroßes Schild stehen, das auf eine Sackgasse hinweist, trotzdem fahren sie da hinein. Sie haben wohl die Hoffnung, dass das Schild lügt oder einfach nur so zum Spaß aufgestellt wurde. Eine andere Erklärung habe ich dafür nicht. Die eine Woche Straßensperrung hat auch Vorteile. Die Anwohner haben es plötzlich ruhig, zumal hier sonst abends die Bekloppten mit ihren aufgemotzten Wagen und dicken Auspüffen ihre Rennen veranstalten.


Die Autofahrer hatten sich bereits ausgiebig darüber beschwert, dass die Sperrung des Bahnübergangs eine empfindliche Störung des Verkehrs darstellt. Von Staus war die Rede und unzumutbaren Fahrzeiten, die man deshalb hat. Ich konnte aber nichts davon entdecken. Auch die Einmündung Kampstraße zeigte keine Besonderheiten, die einen Stau vermuten ließen. Alles war wie immer. Der Verkehr floß zügig ab.
Hier mal ein paar Eindrücke von der Baustelle.









Auf der Suche nach dem Rückstau bin ich dann die Horster Straße Richtung Buer weitergefahren. In Höhe Emil-Zimmermann-Allee sind die Bauarbeiten in vollem Gange. Aber auch hier konnte ich keinen Stau ausmachen, weder auf der Horster Straße noch auf der Emil-Zimmermann-Allee.



Mangels Stau bin ich ein Stückchen zurück gefahren und dann am Bahnwärterhäuschen über die Hugo-Trasse zur Flurstraße. Aber auch hier konnte ich keinen Stau entdecken. Wo sollte der auch herkommen? Die Umleitung kostet den Autofahrer gerade mal 2 bis 3 Minuten mehr Zeit. Es gibt auf der Umleitungsstrecke auch keine Ampel, die den Verkehr irgendwie ausbremsen könnte. Warum also in aller Welt jammert der Autofahrer so über diese Baustelle? Wahrscheinlich staut sich der Verkehr nur während der Spitzenzeiten im Berufsverkehr. Aber solche Staus entstehen auch ohne Baustelle.



Dass die Straßenbauarbeiten dringend notwendig sind, kann man erkennen, wenn man sich den Straßenbelag ansieht. Er ist löchrig wie ein Schweizer Käse.


Und weil ich nun mal gerade unterwegs auf Baustellentour war, bin ich auch noch zur Hafenmundbrücke an der Uferstraße gefahren. Staus gab es dort im Umfeld der Baustelle übrigens auch nicht.




Donnerstag, 22. März 2018

Das Waagehaus wird fallen

Man möge mir verzeihen, dass ich die Bilder vom Waagehaus so lose zwischen dem Text platziert habe. Diese Bilder dienen einerseits der Erinnerung, andererseits der Auflockerung des folgenden Textes. Ich versuche mich hier an einer Chronik der Ereignisse, so wie ich sie erlebt und empfunden habe. Entsprechend unvollständig ist dieser Beitrag also.


Das Waagehaus ist das letzte Relikt einer Zeit, als der Stadtteil Horst durch den Galopp-Rennsport weltweit bekannt war. Ich erinnere mich genau daran, dass selbst der Scheich Al Maktoum von Dubai hier seine Pferde laufen ließ. Im Waagehaus wurden die Jockeys gewogen. Aus Gründen der Chancengleichheit wurden dann Bleiplatten in die Satteltaschen gepackt, damit die leichteren Jockeys keinen Vorteil gegenüber den schwereren hatten. Über die Gewichte wurde auch die Chancengleichheit zwischen den Pferden hergestellt.
Die Rennbahn ist von Rudolf Rose begründet worden, dem auch ein Denkmal gesetzt wurde. Zuletzt befand es sich nicht gerade würdevoll rechts vom Waagehaus im Gestrüpp.




Die Galopprennbahn wurde geschlossen, die Tribünen dem Erdboden gleichgemacht und das Bauland vermarktet. Stehen geblieben ist das Waagehaus, das als Kindertagesstätte angedacht war. Aber schon bald hieß es, dass das Waagehaus abgerissen werden sollte, um einem Neubau Platz zu machen. Auch aus dem Grund, Klarheit zu schaffen, wurde das Thema Waagehaus auf der Sitzung der Bezirksvertretung-West am 21.2.2017 auf Antrag der SPD- und CDU-Fraktion behandelt. Ebenfalls anwesend waren die Vertreter von VivaWest Herr Wiesemann und Herr Grothues.
Bezirksbürgermeister Joachim Gill sprach in seiner Eröffnungsrede von einem "Schmuckkästchen", das an die glorreiche Zeit der Galopprennbahn erinnere und dessen Abriss einen empfindlichen Nerv bei den Bürgerinnen und Bürgern und der Ortspolitik traf. Joachim Gill erinnerte auch daran, dass der damalige Vorsitzende der Geschäftsführung des THS-Immobilienkonzerns, Professor Karl-Heinz Petzinka, eine eindeutige Zusage gegeben hatte, das Waagehaus zu erhalten.


Die Zusage von Professor Petzinka galt als Glücksfall und verschaffte der THS damals einen ungeheuren Vertrauensbonus. Eigentlich war das Waagehaus in guten Händen, wenn man bedenkt, dass die Nutzbarkeitmachung der Jahrhunderthalle in Bochum und auch der Zeche Nordstern zu den Projekten von Professor Petzinka gehörten. Aber dann ist er plötzlich Mitte des Jahres 2011 freigestellt worden, ohne dass sich der Konzern dazu äußerte. Die Folge war ein Hinhalten und Vertrösten, wenn mal bezüglich der Nutzung des Waagehauses nachgefragt wurde. 



In der Sitzung vom 21.2.2017 wurde auch noch mal der Zustand und die bisherige Nutzung erläutert. So ist das Gebäude 2008 teilsaniert worden und diente als Vermarktungsbüro für die umliegenden Grundstücke. THS bzw. VivaWest investierten hier ca 300 000 Euro. Zum Schutz der Bausubstanz ist das Waagehaus im Winter beheizt worden. Im Verlauf der Jahre sind dann noch Wasser- und Vandalismusschäden hinzu gekommen, die Kosten von insgesamt 70 000 Euro verursachten. VivaWest versuchte, verschiedene Nutzungskonzepte für eine Kinderbetreuung mit verschiedenen Trägern zu realisieren. Dazu ließ sie sieben Machbarkeitsstudien erstellen, die alle eine stark eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit des Waagehauses bescheinigten. Abhilfe hätten hier nur ein paar Anbauten geschaffen, die vom Ergebnis her aber die finanziellen Aufwendungen nicht rechtfertigen würden. 
Im Sommer 2016 trat ein weiterer Wasserschaden auf, der zu starker Schimmelbildung und Schäden am Tragsystem führten. Ein daraufhin erstelltes Gutachten bescheinigte dem Waagehaus erhebliche Schäden an der Bausubstanz und eine starke Schiefstellung des Gebäudes. Zu der Schieflage des Gebäudes stellte Herr Wiesemann von VivaWest klar, dass sie nicht auf Bergschäden zurückzuführen ist. Ein Komplettabbruch wäre also die wirtschaftlichste und technisch sinnvollste Lösung.
Zwischen der GGW und der damaligen THS ist vertraglich vereinbart worden, das Waagehaus zu erhalten. Ein Abriss wäre nur möglich, wenn durch Gutachten bewiesen wird, dass die Gebäudesubstanz sich so verschlechtert hat, dass sie unwirtschaftlich ist.



Im Jahre 2000 ist von Seiten des Landesamtes für Denkmalpflege ein Schutz als Denkmal abgelehnt worden. Begründet wurde das durch die zahlreichen Veränderungen, die das Haus im Laufe der Jahre erhalten habe. Auch eine erneute Einschätzung im Januar 2017 brachte kein anderes Ergebnis, außer dass sich die Bausubstanz erheblich verschlechtert hatte.
Herr Gill machte den Vorschlag, dass VivaWest einen Workshop errichten solle, in den Vorschläge für die Folgenutzung des Waagehauses einfließen würden.  Der Vorschlag von Herrn Gill war die Folge der Bitte von Herrn Grothues, die Ideen zu bündeln und an VivaWest weiterzureichen. Dieser Workshop ist nie eingerichtet worden. Ansonsten betonte Herr Grothues, dass VivaWest auch weiterhin ein guter Nachbar sein wolle. Gleichzeitig beklagte er aber auch, dass es in den letzten 10 Jahren nicht gelungen ist, eine vernünftige Planung für das Waagehaus vorzulegen.


Die Initiative zur Rettung des Waagegebäudes mobilisierte in der Folgezeit die Horster Bürgerinnen und Bürger für eine Unterschriftenaktion. Bis Ende April 2017 kamen mehr als 3000 Unterschriften zustande. 
Die Unterschriften wurden dann am 11. September 2017 VivaWest-Geschäftsführer Ralf Giesen übergeben. In der Zwischenzeit fanden auch Begehungen statt, u.a. mit Beteiligung des Horster Handwerksmeistervereins. Das Urteil war eindeutig, dass ein Abriss billigerer wäre als eine Renovierung.

Am 1.2.2018 beantragte VivaWest dann den Abriss des Waagehauses, was in der folgenden Sitzung der Bezirksvertretung-West zu Irritationen führte. Ein entsprechender Bürgerantrag der Initiative zur Rettung des Waagehauses musste aus formalen Gründen abgelehnt werden. Die Bezirksvertretung konnte nicht anders handeln, trotzdem hat man sie im Nachhinein stark dafür kritisiert. Zu Unrecht, wie ich finde.




Mittlerweile ist das Waagehaus eingezäunt und mit einem Sichtschutz versehen. Es wird nun entkernt und dann wahrscheinlich abgerissen. Es soll angeblich eine Erinnerungstafel geben, die wer weiß wo zu sehen sein wird. Ich persönlich muss die nicht unbedingt haben. Meine Erinnerungen an die Galopprennbahn sind noch sehr lebendig. Das reicht mir. Meine Kinder und Enkelkinder haben wenig Interesse an etwas, was sie nicht kennen.