Mit dem Fahrrad unterwegs

Wer Lust hat, kann hier meine Touren nachlesen, die ich mit dem Fahrrad unternommen habe. Radfahren bedeutet für mich Spaß und keineswegs Schinderei. Deshalb beträgt meine Durchschnittsgeschwindigkeit nie mehr als 14 km/h. Wer also sogenannte Trails mit anspruchsvollen Steigungen und Hindernissen erwartet, der ist hier falsch. Hier ist hauptsächlich "Gegend" zu sehen, mit Texten versehen. Neben meinen Radtouren schreibe ich hier zusätzlich noch ein paar Dinge auf, die ich interessant finde, die mich bewegt haben oder die ganz einfach zu meinem Umfeld gehören. Viel Spaß beim lesen.
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Freitag, 4. Oktober 2019

Stippvisite zum häßlichen Onkel

Tour am 3.10.2019, Feiertag und Tag der Deutschen Einheit

Die Wetteraussichten waren nicht gerade rosig. Kurze Regenschauer sind vorhergesagt. Mit 9 Grad war es am Morgen auch ziemlich kühl. Das hat mich aber nicht davon abgehalten, eine Tour zum Geleucht auf die Halde Rheinpreußen in Moers zu machen.
Quasi vor der Haustür bin ich gleich ins Grüne gestartet. Eigentlich war ich die ganze Tour über im Grünen und hatte mit dem Autoverkehr wenig Kontakt. Wenn es denn doch mal sein musste, ging es über verkehrsarme Straßen. Das Grüne auf dem Foto hätte man früher als "Eingang des Schlußbogens" bezeichnet. Ich befand mich auf der ehemaligen Galopprennbahn, die jetzt ein Golfplatz ist und übrigens eine ausgezeichnete Gastronomie hat. An die Rennbahn erinnert optisch nur noch der Rundweg, das ehemalige Geläuf.


Ich bin aber nur ein kleines Stück auf der ehemaligen Rennbahn gefahren. Auf der "Zielgeraden" bin ich abgebogen und auf die Straße neben dem Friedhof Horst-Süd gewechselt. Wenn die Straße auch ruhig ist, so muss man doch am Ende aufpassen. Die Tanklastzüge fahren auch an Sonn- und Feiertagen, wenn sie aus der BP-Raffinerie kommen.
Im Hintergrund wartet schon der Herkules auf dem Nordsternturm auf mich.


Als ich dann im Nordsternpark ankam und einen Blick nach rechts riskierte, dachte ich so bei, warum besuchst du nicht den Onkel vom Herkules in Duisburg-Ruhrort. Herkules ist ein uneheliches Kind von Zeus. Und da Poseidon (der in Ruhrort) ein Bruder des Zeus war, ist das Verhältnis zwischen den beiden Onkel und Neffe. Ich beschloß also, den Onkel von seinem Neffen zu grüßen.


Damit man sich auch mal ein Bild davon machen kann, wie ähnlich sich Poseidon und Herkules sehen, lohnt sich ein Zoom zu dem Gesellen mit dem blauen Bart auf dem Dach. Ähnlich sind sich die Beiden auch in puncto Häßlichkeit. Da steht der Eine dem Anderen in nichts nach.


Meine Tour ist geprägt vom stetigen Wechsel zwischen Rhein-Herne-Kanal und Emscher. Zunächst aber geht es an der Emscher weiter, die mitten durch den Nordsternpark fließt.
Am Ende des Nordsternparks wechsele ich rüber auf die Kanalseite. Auf der Emscherbrücke sieht man ganz links die Mündung des Schwarzbaches und daneben den Zulauf des Grubenwassers, der von der Zeche Zollverein hierher geleitet wird. Es ist eine Ewigkeitsaufgabe, die mit Wasser vollgelaufenen Stollen der mittlerweile geschlossenen Zechen durch Pumpen auf einem Level zu halten, der unterhalb des Grundwasserspiegels liegt.



Auf der anderen Seite der Brücke sieht man ein Gebilde, das wie ein Schiff aussieht. Im Hochsommer, wenn es heiß ist, gibt die Emscher schon mal unangenehme Gerüche frei. Zwar nicht mehr so intensiv wie früher, seit die Trennung von Schmutz- und Reinwasser immer weiter voranschreitet, aber die Gerüche sind manchmal da. Dann erzeugt das Gerät auf dem Wasser "Blubberblasen". Durch die Sauerstoffzufuhr werden die Gerüche erheblich reduziert.


Ich fahre auf der Emscherinsel an der Seite des Rhein-Herne-Kanals weiter. Als Emscherinsel oder einfach nur Insel wird das Stück Land bezeichnet, welches sich zwischen Emscher und Kanal befindet. Von Castrop-Rauxel bis Oberhausen verlaufen beide Gewässer nämlich parallel und zueinander sehr nah.
An der Zweigertbrücke in Essen-Altenessen hat der Kanal ein "Aua", wie man unschwer erkennen kann. Die Spundwand ist hier einfach weggebrochen. Niemand weiß, warum das passiert ist. Und niemand weiß, wann das repariert wird. Seit ein paar Jahren schon darf deshalb an dieser Stelle immer nur ein Schiff vorbeifahren. Eine Begegnung oder gar ein Überholen ist verboten.


Am Stadthafen Bottrop ist dann wieder Schluß. Man wird abgeleitet rüber zur Emscher. Das Wechseln auf die andere Kanalseite würde nichts bringen. Da ist nämlich das gleiche Problem. Der Stadthafen Essen versperrt die Durchfahrt.
Es geht aber nur ein paar hundert Meter über Straße weiter. Ein kleiner unscheinbarer Weg, den man auch mal übersehen kann, führt zur Emscher. Die wird auch gleich über eine lustige kleine Eisenbahnbrücke überquert. Lustig genau dann, wenn einem jemand entgegen kommt. Damit auch niemand zu schnell über die Brücke fährt und dadurch vielleicht in die Emscher fallen könnte, ist der Boden mit wellenförmigen Platten ausgestattet. Man fühlt sich wie auf einem Kamel, wenn man drüberfährt. Aber ich liebe solche Wege trotzdem.


Durch einen kleinen Wald geht es in die Siedlung Welheimer Mark. Aber nur kurz. Nach ein paar hundert Metern Industriegebiet ist man wieder an der Emscher. Unter der Autobahnbrücke A 42 kurz vor der Abfahrt Bottrop-Süd, überspannt die 5-Pfennigs-Brücke die Emscher. Sie ist die Verbindung zwischen Bottrop und dem Stadtteil Ebel. Ganz früher stellte die Brücke die Grenze zwischen den Provinzen Rheinland und Westfalen dar. Wer rüber wollte, der musste 5 Pf Brückenmaut bezahlen. Die Schafherde auf der linken Seite ist nicht echt. Sie ist Teil der Emscherkunst 2013. Verwunderlich ist nur, dass dieses Kunstwerk bisher von Vandalismus verschont geblieben ist. Lediglich ein paar Macken, die dem Zahn der Zeit geschuldet sind, kann man erkennen.


Nur ein paar Meter weiter ist der Bernepark. Es handelt sich hier um ein ehemaliges Klärwerk, das die Abwässer der Berne reinigte, bevor sie in die Emscher mündete. Heute ist es beliebter Aufenthaltsort für die Öffentlichkeit und mit viel Liebe hergerichtet. Links auf dem Deich sieht man die Betonröhren, wie sie original auch für den Abwasserkanal verwendet wurden. In den Röhren kann man übernachten. Ich habe mir sagen lassen, dass die Röhren an den Wochenenden immer ausgebucht sind.


Und schon geht es an der Berne entlang wieder zum Kanal. Kurz vor dem Gasometer lohnt sich ein Blick auf die andere Uferseite. Der tanzende Strommast oder auch nur kurz "Zauberlehrling" genannt, steht dort seit 2013 und ist ebenfalls im Rahmen der Emscherkunst entstanden.


Hinter dem Gasometer kommt man an einer Brücke vorbei, die einen orangefarbenen Anstrich bekommen hat. Es ist eine von den niedrigen Brücken über den Kanal und ein Unfallschwerpunkt. Meist kennt man solche Schwerpunkte ja nur oberhalb der Brücken und nicht unterhalb. Hier ist es aber so, dass es sehr oft Kollisionen mit der Brücke von Schiffen gibt. Es hat auch schon einen Toten gegeben.
In der Mitte der Brücke sieht es so aus, als ob sie schon Macken hätte. Das sind aber keine Macken sondern Kohlen. Wenn die Schiffe zu hoch geladen haben, streift die Brücke die Spitze der Kohle ab und begradigt sie.


Nur ein klein wenig weiter war der Start zu einem Drachenboot-Rennen. Ist nicht so mein Ding, deshalb bin ich auch nicht lange stehen geblieben. Interessant ist die Brücke, die das Stadion von RW-Oberhausen mit dem Kaisergarten verbindet. Sie erinnert an die früheren Kunststoffspiralen, die man Slinkys nannte. Meine Kinder haben damit gepielt. Die Dinger wurden geworfen und sind sozusagen Treppen gestiegen. Entsprechend nach diesen Slinkys wurde die Brücke optisch konstruiert und sie nennt sich auch danach, nämlich Slinky Springs to Fame. Abends wird die Brücke bzw. die Reifen noch bunt illuminiert. Das sieht fantastisch aus.


Am Rot-Weiß-Stadion bin ich das letzte Mal rüber zur Emscher gewechselt. Nur ein paar hundert Meter ging es an der Emscher entlang bis zum Grünen Pfad. Der Grüne Pfad ist die Verlängerung der HOAG-Trasse (HOAG = Hüttenwerke Oberhausen AG). Während es rechts über die HOAG-Trasse zur Rheinfähre Walsum geht, führt der Grüne Pfad zum Landschaftspark Duisburg. Genau da wollte ich hin bzw. durch und bin deshalb auf dem Grünen Pfad weiter. Der Weg selber ist sehr angenehm. Er ist durchgehend asphaltiert und das Fahrrad rollt wie von selber.


Im Landschaftspark Duisburg habe ich eine kleine Pause eingelegt. Die Frikadelle, die ich dort gegessen habe, war nicht gerade der Hit. Sie passte aber wie die Faust auf´s Auge zu der Industrielandschaft, die es hier zu sehen gab. Eine Industrie-Frikadelle eben. Nochmal werde ich mir das nicht antun.
Bevor ich weitergefahren bin, habe ich mich noch ein bißchen umgesehen. Eine richtige Besichtigungstour ist es aber nicht geworden, weil der Landschaftspark ja nicht das Ziel meiner Tour war.



Nach der kleinen Runde durch den Landschaftspark ging es an der alten Emscher entlang. Die alte Emscher ist ein Altarm der Emscher und vollkommen renaturiert. Auch sie war mal ein offener Abwasserkanal, eine sogenannte Köttelbecke.


Wenn man sich die Tour auf der Karte ansieht, meint man, es geht hinter dem Landschaftspark hauptsächlich über Straßen. Aber weit gefehlt. Straßen waren eigentlich eine Seltenheit. Es ging immer durch viel Grün. Recht zügig kam ich am Rhein an und oben auf dem Deich sah ich dann in der Ferne auch schon mein Etappenziel, das Geleucht.


Auf dem Rhein fuhr gerade eine ganze Armada von Schnellbooten, bestehend aus Feuerwehr und DLRG. Und es wehte ein beständiger kräftiger Wind da oben auf dem Deich. Ich musste tatsächlich einen Gang zurückschalten, weil es doch nervte, ständig gegen den Wind zu fahren. Das Geleucht hatte ich jetzt auch immer im Blick.


Den Rhein habe ich auf der Autobahnbrücke der A 42 überquert. Das war wieder so ein Moment, wo ich froh darüber war, mich aus der Abhängigkeit des Autos gelöst zu haben. Früher bin ich bestimmt tausendmal über diese Brücke gefahren. Das Geleucht habe ich nie gesehen, geschweige denn gewusst, dass es das überhaupt gibt. Mit dem Fahrrad nimmt man seine Umgebung viel intensiver wahr.


Jetzt bin ich meinem Etappenziel schon ganz nahe. Auch die Zeit ist genau richtig. Ich wollte ja nach 14 Uhr dort aufschlagen, weil ab dieser Zeit das Geleucht auch offen ist.


Für den Anstieg auf die Halde habe ich mir den bequemen Weg ausgesucht. Es war eine breite asphaltierte Straße, die dann später in einen etwas schmaleren wassergebunden Weg überging. Die Steigung war nicht ganz so schlimm, deshalb konnte ich mit dem kleinsten Gang weiterfahren.


Genau hier an dieser Stelle habe ich aufgegeben und mein Fahrrad geschoben. Ich musste ja niemandem was beweisen und der jüngste bin ich auch nicht mehr. Die Puste reicht einfach nicht für sportliche Höchstleistungen.


Ich könnte jetzt sagen, dass ich gerade rechtzeitig oben angekommen bin, weil es anfing zu regnen. Aber ich brauchte keinen Schutz, weil ich entsprechend der Witterung angezogen war. Und so doll hat es auch nicht geschüttet, dass man flüchten muss.


Ich bin auch einmal auf den Turm gegangen. Es war nur, dass ich einmal oben war. Die Aussicht aus dem Turm war die gleiche wie von der Halde. Oben waren lediglich Schilder, die die verschiedenen Punkte in der Ferne beschrieben.
Gut fand ich die Treppe auf den Turm. Normalerweise bestehen die Treppenstufen aus Gitterrosten. Diese mag ich überhaupt nicht, weil ich Höhenangst habe und bei Gittertreppen auch schon mal Schwindelanfälle bekomme. Das ist mit ein Grund, warum ich nicht auf Tiger & Turtle und das Tetraeder gehe. Aber hier hatte ich keine Probleme.


Der Regen ließ so langsam nach. Auf Landschaftsfotos habe ich verzichtet. Es war einfach zu diesig dafür.


Die Abfahrt war natürlich um Längen entspannter aus der Aufstieg. Nun sollte es vom Geleucht nach Duisburg-Ruhrort gehen. Normalerweise wäre ich am Rhein entlang gefahren. Aber die Hubbrücke Rheinpreußen war wegen Baufälligkeit des Bodens gesperrt. Ich musste also einen Umweg fahren und habe diesen auch von vorneherein mit eingeplant. Und sooo schlecht war der Umweg nicht. Es sah auf jeden Fall sehr ländlich aus und besonders viele Autos fuhren hier auch nicht.


Recht zügig bin ich an der Friedrich-Ebert-Brücke angekommen. Von da oben hat man einen guten Blick auf die Skulptur Rheinorange an der Ruhr-Mündung und den Hafenkanal.


Man schaut von der Brücke aber nicht nur auf die Ruhr. Auch das Ziel meiner Tour ist von der Brücke aus zu sehen, nämlich Onkel Poseidon auf der Speditionsinsel. Der Kopf des Poseidon thront auf einem Sockel und hat sein Gesicht den Schiffern zugewandt. Die Ruhrorter kriegen nur den Hinterkopf zu sehen.


Von der Brücke geht eine Treppe runter auf die Speditionsinsel. Mit dem Fahrrad hätte ich einen großen Umweg fahren müssen, deshalb habe ich diese Treppe benutzt. Gegenüber bei der Hafenmeisterei ist der aktuelle Pegelstand ablesbar. Zur dem Zeitpunkt steht er auf 2,60 m.


Als ich am 8.1.2018 eine Tour dorthin machte, hatte der Rhein einen Pegelstand von 9,24 m. Den Unterschied sieht man auf dem Archivfoto. Der Hafenmeister kam nur über einen Steg trockenen Fußes in sein Büro.


Mein Gott, was ist der häßlich. "Echo des Poseidon" schimpft sich das Kunstwerk. Die Ähnlichkeit mit dem Herkules auf dem Nordsternturm ist frappierend. Klar, sie stammen auch vom selben Künstler. Der hat sich eine goldene Nase verdient. Wahnsinn, wieviel Geld für sowas verschleudert wird.



Da lohnt sich schon eher der Blick auf Ruhrort, von der Speditionsinsel aus.



Mittlerweile fing es wieder an zu regnen. Ich hatte noch eine kleine Runde im Innenhafen im Visier gehabt, aber bei dem Regen hatte ich wenig Lust. Ich bin deshalb zum Bahnhof Ruhrort gefahren, um den Heimweg anzutreten. Leider ist der Zug bereits 10 Minuten vor meiner Ankunft abgefahren. Pech gehabt. An Feiertagen fährt er nur noch stündlich. Ich hatte also 40 Minuten Zeit und bin im Regen noch ein wenig durch Ruhrort gefahren.
Als Motiv für ein Foto eignete sich nur noch diese Brücke über den Eisenbahnhafen, wo man sich automatisch duckt, wenn man drunter her fährt.


Gegen 17 Uhr war meine Tour dann zu Ende und ich saß im Zug, während es draußen weiterregnete.


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