Mit dem Fahrrad unterwegs

Wer Lust hat, kann hier meine Touren nachlesen, die ich mit dem Fahrrad unternommen habe. Radfahren bedeutet für mich Spaß und keineswegs Schinderei. Deshalb beträgt meine Durchschnittsgeschwindigkeit nie mehr als 14 km/h. Wer also sogenannte Trails mit anspruchsvollen Steigungen und Hindernissen erwartet, der ist hier falsch. Hier ist hauptsächlich "Gegend" zu sehen, mit Texten versehen. Neben meinen Radtouren schreibe ich hier zusätzlich noch ein paar Dinge auf, die ich interessant finde, die mich bewegt haben oder die ganz einfach zu meinem Umfeld gehören. Viel Spaß beim lesen.
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Mittwoch, 2. März 2016

Clevere Jungs

Letzten Samstag hatte ich ein Erlebnis der besonderen Art. Ich bin am Haltepunkt Buer-Süd in den Zug nach Wanne-Eickel eingestiegen, wie immer mit meinem Fahrrad.


Mit Fahrrad muss ich immer ganz hinten oder ganz vorne einsteigen, weil nur dort Platz dafür ist. Normalerweise ist dieser Raum samstags immer leer. Heute war er es nicht. Es saßen zwei junge Behinderte dort, Klaus und Michael. Ich schätzte sie auf gerade mal 18 Jahre. Der eine, Michael, saß still, aber interessiert da. Der andere hingegen hatte eine Packung Doppelkekse in der Hand, die Prinzenrolle. Er aß und krümelte vor sich hin. Meine Anwesenheit hat ihn nicht gestört, denn er aß und krümelte zunächst erstmal weiter. Plötzlich hörte er auf zu essen (und zu krümeln) und es begann ein Frage- und Antwortspiel.


Klaus: " Fahren sie oft mit dem Zug?"

Ich: " Mindestens einmal die Woche!"

Klaus: " Hier fährt doch sonst ne andere Bahn, ne?"

Ich: " Seit Mitte Dezember fährt hier die Deutsche Bahn. Vorher ist hier eine andere Bahn gefahren."

Klaus nickte zufrieden, machte eine kleine Redepause und ließ erstmal einen Doppelkeks zwischen seinen Zähnen verschwinden. Teilweise rieselte der Doppelkeks wieder über seine Hose auf den Boden. Und dann ging es weiter.

Klaus: "Die Bahn is Scheisse, ne?"

Ich: " Nur der Einstieg ist Scheisse! Dafür sind die Sitze aber saubequem!"

Ich zeigte mit dem Finger auf den Einstieg und Klaus schaute sich das interessiert an. Michael blieb auch weiterhin still, schaute aber sehr interessiert zu.


Klaus: " Wir wollen nach Dülmen."

Ich: " Oh, da fahrt ihr aber in die verkehrte Richtung. Ihr hättet den Gegenzug in Richtung Dorsten nehmen müssen."

Klaus: " Der Zug nach Dülmen fährt nur alle 2 Stunden. Wir fahren jetzt nach Wanne-Eickel und von da mit dem RE 2 nach Dülmen. Wissen sie vielleicht, auf welchem Bahnsteig der hält?"

Ich: " Nein, leider weiß ich das nicht. Ich bin noch nie von Wanne nach Dülmen gefahren."

Im Stillen dachte ich bei mir, dass die beiden Jungs ganz schön clever sind. Jeder andere wäre bis Dorsten gefahren und hätte dort gewartet. Die beiden aber fahren mit dem RE 2 von Wanne aus, weil der von dort alle 20 Minuten fährt.

Klaus: "Welche Station kommt als nächste?"

Ich: "Gelsenkirchen-Zoo!"

Danach war wieder Ruhe. Die Packung Doppelkekse war mittlerweile auch schon alle und Klaus schaute interessiert aus dem Fenster. Der Zug kam an der Station Gelsenkirchen-Zoo an und stoppte.

Klaus: " In welche Richtung muss man zum Zoo gehen und ist das noch weit?"

Ich: "Der Zoo liegt in dieser Richtung (ich zeigte mit dem Finger in die Richtung) und ist gleich um die Ecke."

Klaus: " Was kostet der Eintritt?"

Ich: " Ich habe keine Ahnung! Ich weiß nur, dass der Behinderte bezahlen muss und die Begleitperson umsonst reinkommt."

Der Zug fuhr wieder an und Klaus fing an nachzudenken. Man sah, wie es in ihm arbeite. Nach 3 oder 4 Minuten drehte er sich zu seinem Freund um und sprach ihn an.

Klaus: "Michael, da fahren wir auch mal hin. Vergess aber deinen Behindertenausweis nicht. Ich begleite dich und komm dann umsonst rein. Ich nehme meinen Behindertenausweis auch mit. Dann begleitest du mich und kommst auch umsonst rein."

Klaus strahlte über das ganze Gesicht. Und ich konnte mich der Logik von Klaus nicht entziehen. Er hatte im Grunde recht. Wenn jeder die Begleitperson des anderen ist, kommen beide eigentlich umsonst rein. Auf sowas muss man erstmal kommen.

Während sich Klaus wie ein Schneekönig freute, kamen wir in Wanne-Eickel an. Auf der anderen Seite des Bahnsteigs stand die Glückaufbahn von Abellio, die nach Bochum fuhr. Klaus und Michael hatten den Fahrer des Zuges durch das Fenster in Beschlag genommen. Sie wollten von ihm wissen, auf welchen Bahnsteig sie müssen. Der Zugführer wirkte sehr hilflos. Er war ja kein wandelndes Kursbuch.

Ich habe die Situation dann entschärft, denn ich hatte es ja nicht eilig. Ich rief: " Hey, Jungs! Ich schaue mal auf den Fahrplan, auf welchen Bahnsteig ihr müsst."

Klaus und Michael ließen dann vom Zugführer ab, der sichtlich erleichtert sein Fenster wieder zumachte. Ich schaute auf den Fahrplan und schickte die Jungs rüber auf Bahnsteig 5. Klaus entdeckte derweil, dass der Bahnsteig auch einen Aufzug hat. Obwohl beide gut zu Fuß waren, nahmen sie den natürlich. Und dann trennten sich leider unsere Wege.

Ich bin sicher, Klaus und Michael sind gut in Dülmen angekommen.

2 Kommentare:

  1. Tolle Geschichte,was du mit deinen Radtouren alles erlebst ist toll!!!

    Die beiden Jungs waren auch süss,da denken manche nur weil man behindert ist,das ist gleich Dumm!!

    Liebe Grüsse!

    Conny

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  2. Man erlebt ja vieles im Alltag! Das Problem dabei ist nur, dass man es schnell wieder vergisst. Wer schreibt, der bleibt, sagt man landläufig. Ich gewöhne mir deshalb an, alles aufzuschreiben, was es irgendwie wert scheint.

    Und diese beiden Jungs haben mich wirklich beeindruckt. Ich habe sogar vergessen zu fragen, warum sie in aller Herrgottsfrühe nach Dülmen wollten.

    Viele Grüße

    Rainer

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