Mit dem Fahrrad unterwegs

Wer Lust hat, kann hier meine Touren nachlesen, die ich mit dem Fahrrad unternommen habe. Radfahren bedeutet für mich Spaß und keineswegs Schinderei. Deshalb beträgt meine Durchschnittsgeschwindigkeit nie mehr als 14 km/h. Wer also sogenannte Trails mit anspruchsvollen Steigungen und Hindernissen erwartet, der ist hier falsch. Hier ist hauptsächlich "Gegend" zu sehen, mit Texten versehen. Neben meinen Radtouren schreibe ich hier zusätzlich noch ein paar Dinge auf, die ich interessant finde, die mich bewegt haben oder die ganz einfach zu meinem Umfeld gehören. Viel Spaß beim lesen.
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Montag, 28. März 2016

Streifzug durch Gelsenkirchen

So langsam scheint die Kälte zu weichen. Trotzdem ist noch kein Wetter, um mit dem Fahrrad wieder regelmässig auf Tour zu gehen. Die Temperaturen sind teilweise immer noch im einstelligen Bereich. Ich hocke also in der Bude und schaue mir die Fotos an, die ich letztes Jahr geschossen habe. Viele habe ich nicht veröffentlicht. Einige stelle ich mal ohne jede Ordnung nach dem Chaos-Prinzip hier ein, weil ich zur Zeit nichts besseres vorhabe.

Hier befinde ich mich auf der Brücke am Ende des Nordsternparks, die die Stadtteile Horst und Heßler verbindet. Das war im Juli 2015, also mitten im Hochsommer. Der Bus der Linie 383 biegt hier ab und macht den Schlenker durch Heßler.


Auf einer meiner Touren im August 2015, wo ich plan- und ziellos einfach so durch Gelsenkirchen geradelt bin, kam ich auch nach Resse. Oh Gott, was war ich doch blöd! Ich habe mich tatsächlich gefragt, was das für eine Halde ist, die noch aufgeschüttet wird. Ich kam nicht drauf.


Ich kam erst darauf, als ich eine Woche später nochmal daran vorbei gefahren bin, aber auf der anderen Seite auf dem Emscher-Weg. Es war die Zentraldeponie Emscherbruch, die immer noch aktiv ist, d.h. es wird noch aufgeschüttet. Ich war das letzte Mal als Jugendlicher in dieser Gegend und kenne die Halde nur mit Schwärmen von Möwen, die da oben nach Futter suchten und wohl auch reichlich fanden. Heute sieht man diese Vogelschwärme nicht mehr. Keine Ahnung, ob das ein gutes Zeichen ist oder ein schlechtes. Es bedeutet aber wohl nur, dass auf der Deponie keine organischen Abfälle mehr aufgeschüttet werden sondern hauptsächlich Industriemüll und Bauschutt.


Hier auf dem Bild sieht man ein altes Haus auf der Ecke Ückendorferstraße/ Virchowstraße. Wirklich, ich bin ein grundanständiger Mensch und es würde mir im Traum nicht einfallen, irgendjemandem etwas wegzunehmen. Ich muss damals so ungefähr 12 Jahre alt gewesen sein. Wir hatten nicht viel Geld und waren arm. Ich besaß ein uraltes klappriges Fahrrad ohne jeden Komfort. Mein gleichaltriger Freund Günter hatte dagegen ein tolles Rad mit Dreigang-Nabenschaltung. Wir sind damals über die Hohenzollernstraße geradelt und dann irgendwann genau an dieser Stelle in Ückendorf gelandet. In dem Haus war früher eine Kneipe. Vor der Kneipe stand ein älteres Fahrrad, welches tatsächlich eine Dreigangschaltung hatte. Mein Freund meinte zu mir, dass wir uns dieses Fahrrad holen sollten um es auszuschlachten. Wir fuhren die Virchowstraße lang bis zu einem kleinen Park oder sowas ähnliches. Genau weiß ich es nicht mehr. Günter schloß sein Fahrrad ab und nahm die Zange aus der kleinen Werktasche, die hinten am Sattel befestigt war. Ich nahm Günter auf den Gepäckträger und radelte zurück zu der Kneipe an der Ecke. Das Rad stand immer noch da. Es hatte eines dieser Schlösser auf einer angeschweißten Platte, wo man die Speichen des Hinterrades blockieren konnte. Diese Sicherung war damals Standard. Ich habe mir vor Angst fast in die Hose gepinkelt, aber mein Freund war ganz cool. Er nahm die Zange, bog das Schloß einfach um, stieg auf das Rad und weg waren wir. In dem Park haben wir das Fahrrad dann ausgeschlachtet. Ich habe das Hinterrad samt Gangschaltung an mein Fahrad angebracht. Nun war ich stolzer Besitzer eines Rades mit Torpedo-Dreigangschaltung. Das geklaute ausgeschlachtete Fahrrad haben wir einfach liegen gelassen.
Ich muss gestehen, dass mich als Kind, abgesehen von dem Schiss, den ich dabei hatte, keine Gewissensbisse plagten. Der Vorfall war bald vergessen. Erst im Nachhinein, als ich als Lehrling öfter in Ückendorf in der Filiale meines Chefs arbeiten musste, kam sowas wie Reue in mir auf, wenn ich an dieser Ecke vorbei kam. Die Reue war zwar nur oberflächlich, aber sie war da. Als Erwachsener würde ich heute sagen, es tut mir leid. Wenn ich könnte, würde ich den Schaden wieder gutmachen. Aber ich denke, das Opfer lebt vielleicht nicht mehr. Ist ja immerhin 50 Jahre her. Und verjährt ist es außerdem. Deshalb bleibt dieses Geständnis ohne Folgen.


Ohne Wehmut, aber mit einer kleinen Portion Neugier und Nostalgie habe ich damals verfolgt, wie das Wörrishofener Kräuterhaus den Bach runter ging. Ich habe dort früher regelmäßig nachts angeliefert, bis der Eigentümer den Großhändler wechselte. Mir persönlich war das egal, weil das Anliefern auf der Hauptstraße in der Nacht nicht immer angenehm war. Es waren immer viele Besoffene unterwegs. Auch das hat sich ja heute verändert. Die Besoffenen sind heutzutage das geringste Problem in den Innenstädten.
Auf jeden Fall ist nach der Schließung des Reformhauses ein neuer Mieter eingezogen, der ebenfalls Biowaren vertreibt. Das Biokörbchen ist ein kleiner, aber feiner Laden. Kann man nur hoffen, dass es sich gegen die Konkurrenz mit ihren Supermärkten behaupten kann.


Auf der Grothusstraße hat sich ebenfalls was getan. Lange Zeit stand das Gebäude des ehemaligen Praktiker-Baumarktes leer. Jetzt ist eine Mucki-Bude eingezogen. Das Besondere daran ist, dass die Kunden im Schaufenster trainieren, wie in einer Peep-Show. Etwas für die Fitneß tun, ist ja eine Sache. Aber sich dabei zur Schau zu stellen...? Nee Danke! Da muss man schon exhibistionistisch (puh, was für ein Wort) veranlagt sein.


Hier an der Lucasstraße in Horst sieht es schon seltsam aus. Das abgerissene Haus scheint mit den übriggebliebenen Fragmenten so eine Art Stütze für die Nachbarhäuser darzustellen. Ich bin gespannt, wie lange man das so stehen lässt.


Und noch etwas seltsames ist in Horst zu beobachten.  Auf dem Bild ist der Durchgang zum Nordsternpark zu sehen. Die Bahnlinie, die jetzt ziemlich hoch verläuft, ist ursprünglich weiter unten gewesen. Man sieht noch ganz deutlich den Übergang. Aufgrund von Bergsenkungen durch Zeche Nordstern ist das Gelände so abgesackt, dass der Bahndamm erhöht werden musste. Man kann sich an dieser Stelle also ein reales Bild machen, wie der ganze Stadtteil quasi versunken ist.


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