Mit dem Fahrrad unterwegs

Wer Lust hat, kann hier meine Touren nachlesen, die ich mit dem Fahrrad unternommen habe. Radfahren bedeutet für mich Spaß und keineswegs Schinderei. Deshalb beträgt meine Durchschnittsgeschwindigkeit nie mehr als 14 km/h. Wer also sogenannte Trails mit anspruchsvollen Steigungen und Hindernissen erwartet, der ist hier falsch. Hier ist hauptsächlich "Gegend" zu sehen, mit Texten versehen. Neben meinen Radtouren schreibe ich hier zusätzlich noch ein paar Dinge auf, die ich interessant finde, die mich bewegt haben oder die ganz einfach zu meinem Umfeld gehören. Viel Spaß beim lesen.
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Montag, 14. Dezember 2015

Leergebrannt ist diese Stätte...

Man hat ja so seine Gewohnheiten im Leben. Ich bin ein schwer arbeitender Mensch und habe mir diese Gewohnheiten auch verdient. Meine schwere Arbeit besteht darin, morgens die Jaloulisen hochzuziehen, die Kaffeemaschine anzuknipsen und zum Briefkasten zu laufen, um die Morgenzeitung zu holen.
Dieses Ritual habe ich auch heute morgen vollzogen. Ich stehe also vor dem Briefkasten und mache ihn auf, um die Zeitung rauszunehmen. Aber... oh Schreck ..., da war keine!


Sofort fiel mir "Die Glocke" von Friedrich von Schiller ein, die wir damals in der Volksschule komplett auswendig lernen mussten.

"Leergebrannt ist diese Stätte...", so hieß es ungefähr am Schluß des Gedichtes mit seinen 30 Strophen. Diese Situation war neu für mich. Der Zeitungsbote war bisher immer zuverlässig gewesen. Ich überlegte, ob es heute Nacht stürmisch gewesen ist und die Zeitung weggeweht wurde. Ich konnte mich leider nicht an die Windstärke erinnern, weil ich tief und fest geschlafen hatte. Vorsichtshalber schaute ich aber draußen nach, ob da nicht die Zeitung zerfleddert irgendwo in den Büschen hing. Ich zitiere jetzt nicht wieder den Schiller. Die Zeitung war nicht weggeweht. Sie blieb immer noch spurlos verschwunden.

Ich überlegte ernsthaft, welcher Mensch solche niederen Instinkte entwickelt hat, dass er mir die Morgenzeitung aus dem Briefkasten klaut. Was sind das für Menschen, die zu sowas fähig sind?
Aber vielleicht ist ja auch nur der Zeitungsbote krank geworden und die von der WAZ hatten noch keinen Ersatz für ihn gefunden. Es ist ja schließlich Montag. Dieser Tag ist tendenziell der idealste Tag für einen Zeitungsboten, sich um einen Krankenschein zu bemühen. Bestimmt liefert die WAZ die Zeitung noch nach. Mindestens aber kriege ich einen Anruf vom Abo-Service, wo man sich dafür bei mir entschuldigt. Doch, das ist das mindeste, was ich verlangen kann.

Seufzend bin ich wieder reingegangen und habe mich ans Küchenfenster gesetzt. Von hier aus hat man einen guten Blick auf den Hauseingang und natürlich auf eventuelle Zeitungsboten, die die Zeitung nachliefern. Als meine Frau aus dem Badezimmer kam, wusste sie sofort, dass irgendetwas nicht stimmte. Ich erklärte ihr, dass die Zeitung nicht da war. Na, dann ruf doch bei der WAZ an und lass sie dir nachbringen, meinte meine Frau. Nein, sagte ich zu ihr und teilte ihr meine Vermutung mit, dass der Zeitungsbote krank sein könnte. Meine Frau reichte mir daraufhin die alte Zeitung von Samstag und meinte ganz trocken, ich könne ja die nochmal lesen bzw. das, was ich Samstag noch nicht gelesen hatte. Entrüstet habe ich abgewunken. Ich lese doch keine alte Zeitung.

Die aktuelle Situation war schlimmer als die, als ich mir damals das Rauchen abgewöhnte. Letzteres hat mir keine Probleme bereitet. Aber heute saß ich am Küchentisch, trank meinen Kaffee und frühstückte. Ich wusste einfach nicht, wohin mit meiner rechten Hand, die sonst für das Umblättern zuständig war und mein Blick irrte ziellos durch die Küche. Meine Augen waren nun mal gewohnt, sich auf die Zeitung zu fixieren.

Ich hatte zu Ende gefrühstückt und die letzte Tasse Kaffee war auch nur noch als kläglicher Rest vorhanden, da kam meine Tochter. Sie wohnt bei uns nebenan. Auch meine Tochter sah sofort, dass etwas nicht stimmte. Was ist los, hat sie gefragt? Meine Frau erzählte ihr von dem Problem und dass ich gezwungen gewesen bin, sie beim Frühstück anzusehen. Nein, ich habe auf diese Provokation nicht geantwortet.
Meine Tochter sagte daraufhin, dass sie heute Morgen um 6 Uhr eine Zeitung vor ihrer Tür gefunden hatte. Sie hatte sie ins Auto geworfen, weil sie ja weg musste. Das musste meine Zeitung gewesen sein. Dieser Hundling von Zeitungsbote muss wohl neu sein und hat die Zeitung bei meiner Tochter vor die Tür gelegt anstatt in meinen Briefkasten.
Meine Tochter hat sich erbarmt und ist rüber gegangen, um die Zeitung zu holen.


Da war nun endlich das gute Stück und ich begann sofort, darin rumzublättern. Aber es war anders wie sonst. Der Kaffee war mittlerweile alle und gefrühstückt hatte ich auch schon. Ein grausamer Tagesbeginn für einen Rentner wie mich.

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